Zum Inhalt

Die komplette Praxis

DIE KOMPLETTE PRAXIS

Bevor du mit der Kobra-Atmung beginnst, solltest du Körper und Geist unbedingt auf den Energiefluss vorbereiten. Hierfür empfiehlt sich die folgende Übungssequenz, bei der es sich nicht um ein starres Schema handelt. Erfahrung und Achtsamkeit helfen dir, das für dich Stimmige herauszufinden. Unterscheide aber stets deine innere Stimmigkeit sowohl von deiner bequemen als auch von deiner strengen Seite.

Kriyas und Asanas: Am besten geeignet ist die Kombination der 6 Kaya-Kalpa-Kriyas mit den 10 Asanas aus dem Kriya-Kundalini-Yoga (Meridiandehnungs-übungen). Wenn nicht genügend Zeit vorhanden ist, sind notfalls auch die Kirana-Kriyas (auch Rishi-Übungen genannt) ausreichend, um den Körper zu stimulieren und zu dehnen sowie die Chakras und die Energiebahnen zu reinigen. Möglich ist auch eine komplette Hatha-Yoga-Abfolge. Auch Tai Chi und Übungen aus dem Chi Gong sind mit dem Tantrischen Kriya Weg vereinbar, ersetzen jedoch als Vorbereitung auf die Kobra-Atmung nicht die Kriyas oder Asanas.

Mudras: An jede der Kaya-Kalpa-Kriyas können drei Shiva-Shakti-Mudras angefügt werden. Diese empfehlen sich aber auf jeden Fall im Anschluss an die Kirana-Kriyas. Wenn jemand mehr Aktivierung benötigt, hilft die Aswini-Mudra über eine Stimulierung des 1. Chakras.

Vorbereitender Pranayama: Die Hemisphären-Ausgleichs-atmung Nadi Sodhana bietet vor allem für Anfänger eine gute und wichtige Vorbereitung für die Kobra-Atmung. Sie bringt die männlichen und weiblichen Bahnen (und Aspekte des In-der-Welt-Seins) in eine harmonische Balance.

Kosmische Kobra-Atmung: Wie in der Einweihung vermittelt.

Mantra: Als Einstimmung auf die dann folgende Meditation ist das A-U-M-Mantra sehr empfehlenswert. Das gleiche gilt für das Om-Ah-Hum-Mantra. Auch das Atem-Mantra Hang Sa hilft, den Geist zu beruhigen und stimmet auf die Meditation ein.

Meditation: All dies sind Vorbereitungen, um nun viel leichter in einen tiefen Zustand jenseits des Denkens gehen zu können. Yogananda* beschreibt das ausschließliche schweigende Stillsitzen als recht vergebliche (und unwissenschaftliche) Methode, den Geist von den Sinnen zu lösen. Wenn man sich vor Augen hält, dass ein großer Teil unserer Verstandestätigkeit und mentalen Probleme Folge von körperlichen Blockaden sind, so wird verständlich, weshalb es sehr sinnvoll ist, vor der Meditation durch Kriya Yoga und Kriya Kundalini Pranayama an der Lockerung und Auflösung dieser Blockaden zu arbeiten.
Bleibe während der Meditation völlig präsent, bleibe Zeuge bei jedem Gedanken, bei jeder Sinneswahrnehmung oder jedem Gefühl. Die Länge deiner Meditation kann deinen Neigungen und Möglichkeiten gemäß zwischen fünf Minuten und zwei Stunden dauern. Ein ideales Maß sind 20 Minuten.

LEITFADEN FÜR DIE TÄGLICHE PRAXIS

  • Grundlage einer jeglichen Praxis ist Sadhana, eine ernsthafte innere Haltung und ein ständiges Bemühen um charakterliche Reifung und Vervollkommnung im alltäglichen Handeln.
  • Um transformierende Ergebnisse zu erreichen, bedarf es einer freiwilligen Verpflichtung sich selbst gegenüber, regelmäßig und gewissenhaft zu praktizieren. Erfahrungsgemäß gelingt dies nur, wenn du eine bestimmte Zeit für deine täglichen Übungen festlegst.
  • Setze dich in eine bequeme Position, die deinem Rückgrat erlaubt, aufrecht zu sein, während du die Kobra-Atmung durchführst. Achte dabei unbedingt auf eine Sitzposition, bei der beide Knie in Kontakt mit dem Boden sind. Setze dich so auf ein Meditationskissen (bei einem Meditationshocker benötigst du ein Hilfsmittel), dass du einen Druck auf dem Damm verspürst, um dadurch eine deutlichere Wahrnehmung des Beckenbodens zu bekommen.
  • Halte deine Hände in der Pancha-Kama-Mudra, bei der sich die Fingerspitzen beider Hände berühren. Möglich sind auch die Jnana-Mudra oder die Dhyani-Mudra.
  • Du kannst die Kobra-Atmung auch während des Tages verwenden, wenn du eine besonders stressvolle Situation zu bewältigen hast. Sie hilft dir, ruhig und zentriert zu werden und versetzt dich in die Lage, die aktuelle Herausforderung zu meistern.

Wegen der bemerkenswerten Kraft und Wirksamkeit dieser Methode müssen einige Warnungen und Begrenzungen beachtet werden:

  • Die Kobra-Atmung ist kein Ersatz für eine medizinische Behandlung. Wenn du an hohem Blutdruck, an einer entzündlichen, emphysematischen oder spastischen Atemwegserkrankung leidest oder psychisch sehr labil und emotional anfällig bist, solltest du mit einer solchen kraftvollen Technik vorsichtig sein.
  • Frauen wird aus Sicherheitsgründen empfohlen, während ihrer Menstruation mit der Kobra-Atmung auszusetzen, damit es nicht zu einer verstärkten Blutung kommt. Wenn du weißt, wann deine Periode beginnt, setze mit der Kobra-Atmung einen Tag vorher aus und praktiziere fünf Tage nicht. Wenn du nur eine leichte oder kurze Periode hast, kannst du auch früher wieder mit der Kobra-Atmung beginnen. Viele Frauen fühlen sich aber auch während der Regelblutung nicht durch die Kobra-Atmung beeinträchtigt.
  • Praktiziere mit leerem Magen. Die beste Zeit ist vor dem Frühstück und vor dem Abendessen. Manche üben gerne vor dem Zubettgehen, weil es ihren Schlaf fördert. Andere erleben es als zu stimulierend. Du musst herausfinden, wie es auf dich wirkt.
  • Führe nie mehr als 14 Atemzüge in einer Sitzung durch. Es ist aber durchaus möglich, morgens und abends zu praktizieren, wenn du deine Entwicklung beschleunigen möchtest.
    Falls du dich von der Erhöhung der Energie überfordert fühlst, reduziere die Anzahl der Atemzüge.
  • Wenn du dazu neigst, sehr mental zu sein, kann es zu einem Energiestau in deinem Kopf führen, bis hin zu Kopfschmerzen. Benutze dann das I-Ah-Oh-Mantra, um die Energie durch den Körper nach unten abzuleiten. I hat seine Resonanz im Kopf, Ah im Brustraum, Oh im Bauchraum. So leitest du die Energie in diese Bereiche herunter, vervollständigst ihre Rückverteilung und wirst dich schließlich überall energetisiert fühlen.
  • Trotz aller Toleranz gegenüber anderen Praktiken sollte Kriya Yoga keine weitere Technik sein, die du deiner Sammlung unreflektiert hinzufügst. Hier im Westen besteht die Gefahr, die allgemeine Konsumhaltung auch auf die spirituelle Praxis auszuweiten. Kriya Yoga ist eine komplette spirituelle Wissenschaft mit einer eigenen und einzigartigen Schwingung. Die unkritische Vermischung mit anderen Disziplinen kann sich infolge zugrundeliegender unterschiedlicher Energien und Prinzipien behindernd bis negativ auswirken. Dies könnte Nervosität, Verwirrung sowie andere seltsame seelische und körperliche Reaktionen auslösen. Im Zweifelsfall solltest du nachfragen.
  • Wenn du die Einweihung in die Kobra-Atmung beantragst, unterschreibst du das Versprechen, sie an niemanden weiterzugeben. Dies garantiert, dass sie nicht verfälscht und entheiligt wird, dass sie nicht ihre Kraft und ihren Wert verliert. Außerdem könnte sie für jemanden, der noch nicht bereit ist, schädlich sein.

*  Paramahansa Yogananda: Autobiographie eines Yogi.
O.-W.-Barth-Verlag, 1950 (erste dt. Aufl.)